Freitag, 11. Oktober 2013

Ich google das mal.

Ich bin gegen das Internet.
Ich sag Ihnen eins, ich hab's mit der Schilddrüse und wahrscheinlich auch Diabetes, weil ich so oft pinkeln muss (dabei trinke ich doch fast nichts; nur einen Liter Cola, einfach so). Hinzu kommt also Schlaflosigkeit, hin und wieder Herzrasen, ein Arm der gelegentlich einschläft und ein Auge das nach zwei Minuten ungeblinzeltem TV-Starren tränt. Schnell mal googeln und schon wird klar, dass ich höchstens noch einen Monat zu leben habe. Dabei habe ich im Juli schon ein Weihnachtsgeschenk gekauft – scheiß Kapitalismus!
Wissen ist zwar toll, aber eigentlich ist es ein Fluch. Es ist so viel leichter, sich eine Meinung über ein Thema zu bilden, wenn man nichts darüber weiß! Deswegen ließt doch keiner ein Wahlprogramm, sondern wählt nach Sympathie und Photoshop-Plakat. Frauenquote juhu. Ich bin gegen die Frauenquote. Alt ist sicher. Nichts tun ist Erfolg. Willkommen im Pflegeheim – aber so lange mache ich es ja nicht mehr. Ich muss sagen, dass ist ein wirklich beunruhigender Trend. Jeder googelt seine Symptome. Einen Arzt aufzusuchen ist Quark mit Soße (am liebsten habe ich Vanillesoße und das ist jetzt nicht rassistisch, bloß weil ich Deutsche bin). Dieser Dr. Google hat sich doch bewährt. Mir ist schlecht (das kommt aber nicht vom Käsefondue gestern Abend um halb zehn) – Magenkrebs. Ich habe Kopfschmerzen (Nackenverspannungen weil ich 12 Stunden vor dem Computer sitze, um Symptome zu googeln? Hallo?) - vielleicht ist es ein Schlaganfall?
Gott, was ist nur los mit der Welt. Ich google das mal schnell.

Wenn ich was in einem Lexikon nachschlagen will, nenne ich das nur noch „googeln“. Es hört sich witzig an – ich muss dabei immer an kleine Hühnchen denken, die sich auf dem Boden kugeln – und es ist auch kürzer als: „Ich schlage das mal im Wörterbuch nach.“. Wo kriege ich jetzt einen Chickenburger her? Ich bin nicht faul, aber Zeit ist Geld. Und das Geld meines Freundes ermöglicht meinen Internetanschluss und erspart mir somit einen Hausarzt. Doch der Teufel ist ein Eichhörnchen (tut mir Leid, Morgan Freeman; und nein, immer noch nicht rassistisch!) – irgendetwas lassen sie sich noch einfallen, die Banditen von der Ärztekammer. So was wie Pferdegrippe oder einen Lasagnevirus. Epidemien werden gut subventioniert. Weil's der Menschheit dient! Nicht wegen der Pharmalobby – die ist ein Märchen, genauso wie Mindestlohn und soziale Gerechtigkeit.
Man muss Visionen haben. Irgendwann pinkelt man auf seine Tastatur und der Dr. tadelt einen für den Drogenkonsum! Also legst du das Mohnbrötchen weg und holst den Putzeimer. Den lädst du dir als App aufs neue UPhone (Ich bin gegen Egozentriker).

Ich bin gegen das Internet. Es ermöglicht mir den Zugang zu so viel! Da will man nur schnell bei Wikipedia googeln, wer dieser Phillip Rösler ist und schon weiß man durch Promiflash, dass Miley Cyrus einen Porno drehen will. Es ist schon hart. Manchmal sollte man es sich einfach im 31 Millionen teuren Heim gemütlich machen, sich mit der Golddecke zudecken und an die diamantenbesetze Decke sehen. Denn Genügsamkeit kommt heutzutage doch viel zu kurz. Nun ja, ich muss jedoch zugeben, dass es mir lieber ist, wenn Bischöfe weiterhin Geld aus dem Fenster werfen (oder es damit isolieren), so wie sie es seit jeher tun (man bewahrt so die Armen vor dem Fluch des Internets, das finde ich ganz gut). Kleine Jungs sind doch nur halb so dekorativ. Das weiß jetzt auch Madonna. Hoffentlich.

Aber was rege ich mich denn auf, es geht ja sowieso nicht mehr lange mit mir.
Man kann sich im Internet sogar Videos von Herzoperationen ansehen und zugehöriges Material ordere ich über Amazon – ich hoffe das liegt nicht in den Tropen, denn so viel Porto kann ich nicht bezahlen. Da bin ich Portogiesisch.
Ich brauch nie wieder das Haus verlassen, denn dank Lieferheld kommt selbst mein Essen zu mir in die Wohnung (Superman des Alltags, rettet die Faulen vorm Verhungern). Aber ist es wirklich gesund, wenn ich nur noch zuhause vor dem Computer bleibe, Essen auf Rädern (wer weiß zu was dieser Man of Steel verarbeitet wurde) zu mir nehme und Kosmetikartikel online bei Douglas zum Tankstellentarif bestelle? Irgendwann wird die Luft hier drin sicher knapp.

Ich google das mal.

Lisa Schneider

1 Kommentar:

  1. Ich mag deinen Blog haha :]
    Kommt vllt davon, dass ich frueher schon ganz gerne gelesen hab, was du so zusammen schreibselst :]
    Was hilft gegen die Googlekrankheit?
    -> sich mal ne Woche von Laptop, Handy etc. zu verabschieden. Ich hatte das erst. In meinem Sommerurlaub. Da haste Urlaub und liest ueber WhatsApp permanent mit, was im Geschaeft abgeht. Ich hab meine Kollegen echt lieb. Aber - Urlaub ist Urlaub . Was soll denn das, wenn man nicht mal mehr im Urlaub abschalten kann? Wir tun uns keinen Gefallen damit, auch wenn wir uns das selber Glaubhaft machen.
    Bin mal gespannt, wie lange unsere Gesellschaft das permanente online und erreichbar sein durchält. Da reicht nicht nur der erste Blick nach dem Aufstehen auf's Smartphone und der letzte, bevor man einschläft. So wichtig ist man doch aber eigentlich gar nicht, oder?!
    Als ich mein Internet dann finally am Smartphone ausgeschaltet hatte und somit fuer die Welt nicht mehr erreichbar war (oder die Welt fuer mich?!?!) bekam ich schnell das Gefuehl, irgendwas zu verpassen o__O . Ich wusste nicht mal mehr so wirklich, wie ich meinen Freunden erklaeren sollte, dass ich Lust hab, mit ihnen wegzugehen. Da wird einem mal bewusst wie krass gebunden wir an diese Wege der Kommunikation gebunden sind. Scheisse - ich konnte einfach nicht mal die Loesungen von Wer-Wird-Millionaer-Fragen Googlen. Dabei hat das doch irgendwie frueher auch ohne Handy geklappt?!
    Und doch freue ich mich im Gegensatz dazu auch darueber, dass ich trotz 9000 km Entfernung immer noch was von kanadischen Freunden und meiner 3000 km entfernten Familie hoere bzw. lese.
    Das Internet ist ein Segen und ein Fluch zugleich, man entscheidet selbst inwieweit.

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