Ich bin gegen das
Internet.
Ich sag Ihnen eins,
ich hab's mit der Schilddrüse und wahrscheinlich auch Diabetes, weil
ich so oft pinkeln muss (dabei trinke ich doch fast nichts; nur einen
Liter Cola, einfach so). Hinzu kommt also Schlaflosigkeit, hin und
wieder Herzrasen, ein Arm der gelegentlich einschläft und ein Auge
das nach zwei Minuten ungeblinzeltem TV-Starren tränt. Schnell mal
googeln und schon wird klar, dass ich höchstens noch einen Monat zu
leben habe. Dabei habe ich im Juli schon ein Weihnachtsgeschenk
gekauft – scheiß Kapitalismus!
Wissen ist zwar
toll, aber eigentlich ist es ein Fluch. Es ist so viel leichter, sich
eine Meinung über ein Thema zu bilden, wenn man nichts darüber
weiß! Deswegen ließt doch keiner ein Wahlprogramm, sondern wählt
nach Sympathie und Photoshop-Plakat. Frauenquote juhu. Ich bin gegen
die Frauenquote. Alt ist sicher. Nichts tun ist Erfolg. Willkommen im
Pflegeheim – aber so lange mache ich es ja nicht mehr. Ich muss
sagen, dass ist ein wirklich beunruhigender Trend. Jeder googelt
seine Symptome. Einen Arzt aufzusuchen ist Quark mit Soße (am
liebsten habe ich Vanillesoße und das ist jetzt nicht rassistisch,
bloß weil ich Deutsche bin). Dieser Dr. Google hat sich doch
bewährt. Mir ist schlecht (das kommt aber nicht vom Käsefondue
gestern Abend um halb zehn) – Magenkrebs. Ich habe Kopfschmerzen
(Nackenverspannungen weil ich 12 Stunden vor dem Computer sitze, um
Symptome zu googeln? Hallo?) - vielleicht ist es ein Schlaganfall?
Gott, was ist nur
los mit der Welt. Ich google das mal schnell.
Wenn ich was in
einem Lexikon nachschlagen will, nenne ich das nur noch „googeln“.
Es hört sich witzig an – ich muss dabei immer an kleine Hühnchen
denken, die sich auf dem Boden kugeln – und es ist auch kürzer
als: „Ich schlage das mal im Wörterbuch nach.“. Wo kriege ich
jetzt einen Chickenburger her? Ich bin nicht faul, aber Zeit ist
Geld. Und das Geld meines Freundes ermöglicht meinen
Internetanschluss und erspart mir somit einen Hausarzt. Doch der
Teufel ist ein Eichhörnchen (tut mir Leid, Morgan Freeman; und nein,
immer noch nicht rassistisch!) – irgendetwas lassen sie sich noch
einfallen, die Banditen von der Ärztekammer. So was wie Pferdegrippe
oder einen Lasagnevirus. Epidemien werden gut subventioniert. Weil's
der Menschheit dient! Nicht wegen der Pharmalobby – die ist ein
Märchen, genauso wie Mindestlohn und soziale Gerechtigkeit.
Man muss Visionen
haben. Irgendwann pinkelt man auf seine Tastatur und der Dr. tadelt
einen für den Drogenkonsum! Also legst du das Mohnbrötchen weg und
holst den Putzeimer. Den lädst du dir als App aufs neue UPhone (Ich
bin gegen Egozentriker).
Ich bin gegen das
Internet. Es ermöglicht mir den Zugang zu so viel! Da will man nur
schnell bei Wikipedia googeln, wer dieser Phillip Rösler ist und
schon weiß man durch Promiflash, dass Miley Cyrus einen Porno drehen
will. Es ist schon hart. Manchmal sollte man es sich einfach im 31
Millionen teuren Heim gemütlich machen, sich mit der Golddecke
zudecken und an die diamantenbesetze Decke sehen. Denn Genügsamkeit
kommt heutzutage doch viel zu kurz. Nun ja, ich muss jedoch zugeben,
dass es mir lieber ist, wenn Bischöfe weiterhin Geld aus dem Fenster
werfen (oder es damit isolieren), so wie sie es seit jeher tun (man
bewahrt so die Armen vor dem Fluch des Internets, das finde ich ganz
gut). Kleine Jungs sind doch nur halb so dekorativ. Das weiß jetzt
auch Madonna. Hoffentlich.
Aber was rege ich
mich denn auf, es geht ja sowieso nicht mehr lange mit mir.
Man kann sich im
Internet sogar Videos von Herzoperationen ansehen und zugehöriges
Material ordere ich über Amazon – ich hoffe das liegt nicht in den
Tropen, denn so viel Porto kann ich nicht bezahlen. Da bin ich
Portogiesisch.
Ich brauch nie
wieder das Haus verlassen, denn dank Lieferheld kommt selbst mein
Essen zu mir in die Wohnung (Superman des Alltags, rettet die Faulen
vorm Verhungern). Aber ist es wirklich gesund, wenn ich nur noch
zuhause vor dem Computer bleibe, Essen auf Rädern (wer weiß zu was
dieser Man of Steel verarbeitet wurde) zu mir nehme und
Kosmetikartikel online bei Douglas zum Tankstellentarif bestelle?
Irgendwann wird die Luft hier drin sicher knapp.
Ich google das mal.
Lisa Schneider
Ich mag deinen Blog haha :]
AntwortenLöschenKommt vllt davon, dass ich frueher schon ganz gerne gelesen hab, was du so zusammen schreibselst :]
Was hilft gegen die Googlekrankheit?
-> sich mal ne Woche von Laptop, Handy etc. zu verabschieden. Ich hatte das erst. In meinem Sommerurlaub. Da haste Urlaub und liest ueber WhatsApp permanent mit, was im Geschaeft abgeht. Ich hab meine Kollegen echt lieb. Aber - Urlaub ist Urlaub . Was soll denn das, wenn man nicht mal mehr im Urlaub abschalten kann? Wir tun uns keinen Gefallen damit, auch wenn wir uns das selber Glaubhaft machen.
Bin mal gespannt, wie lange unsere Gesellschaft das permanente online und erreichbar sein durchält. Da reicht nicht nur der erste Blick nach dem Aufstehen auf's Smartphone und der letzte, bevor man einschläft. So wichtig ist man doch aber eigentlich gar nicht, oder?!
Als ich mein Internet dann finally am Smartphone ausgeschaltet hatte und somit fuer die Welt nicht mehr erreichbar war (oder die Welt fuer mich?!?!) bekam ich schnell das Gefuehl, irgendwas zu verpassen o__O . Ich wusste nicht mal mehr so wirklich, wie ich meinen Freunden erklaeren sollte, dass ich Lust hab, mit ihnen wegzugehen. Da wird einem mal bewusst wie krass gebunden wir an diese Wege der Kommunikation gebunden sind. Scheisse - ich konnte einfach nicht mal die Loesungen von Wer-Wird-Millionaer-Fragen Googlen. Dabei hat das doch irgendwie frueher auch ohne Handy geklappt?!
Und doch freue ich mich im Gegensatz dazu auch darueber, dass ich trotz 9000 km Entfernung immer noch was von kanadischen Freunden und meiner 3000 km entfernten Familie hoere bzw. lese.
Das Internet ist ein Segen und ein Fluch zugleich, man entscheidet selbst inwieweit.